The City Is Not
Was ist charakteristisch für eine Stadt? Was sehen wir, welche Oberflächen prägen unsere Wahrnehmung und welche Geschichten stecken hinter städtischen Strukturen? Johannes Binotto und Andri Gerber hielten 2010 in einem gemeinsamen Artikel fest, dass die Stadt ebenso wenig verbal dargestellt wie in einem Bild abgebildet werden kann. Denken wir an Stadt, so hat jede*r eine Vorstellung davon, was gemeint sein könnte, doch keines dieser inneren Bilder gleicht dem anderen. Die Stadt ist, und gleichzeitig ist sie nicht.
Im Rahmen des Hamburger Architektur Sommers präsentiert die Ausstellung „The City Is Not“ drei künstlerische Positionen, die sich auf jeweils ganz eigene Weise mit der Wahrnehmung städtischer Strukturen und der teilweise damit einhergehenden Überforderung auseinandersetzen. So unternimmt Daniel Burkhardt in einer Video-Arbeit den Versuch, Bestandteile des städtischen Alltags in alphabetischer Reihenfolge zu benennen und aufzuzeigen. Im schnellen Vorbeirauschen von Bildern und Beschreibungen wird die ungreifbare Komplexität der Stadt für die Zuschauer*innen erlebbar.
Die Arbeiten von Hyojun Hyun sind genau aus jenem Gefühl der Überfrachtung heraus entstanden. Auf täglichen Spaziergängen durch Berlin versucht er, seine Wahrnehmung zu schulen und jenen Dingen Aufmerksamkeit zu schenken, die er sonst im Alltag übersieht.
Entstanden sind dabei eine Reihe von Malereien von abgerissenen Plakatwänden. Während die Affichist*innen der 1940er bis 1960er Jahre Plakate abrissen und diese selbst zum Kunstwerk erklärten, überführt Hyojun Hyun seine Motive in beinahe poetisch anmutende Malereien der Großstadt.
Die raumhohen Chiffon-Prints von Nina Maria Küchler entstanden als der Eindruck der Stadt aufgrund von Corona-Lockdowns hauptsächlich auf die Erscheinung ihrer Fassaden begrenzt war. Die Arbeiten zeigen einen beinahe brutalen Gegensatz: Motive massiver Betonfassaden schweben als transluzente, sich im Wind wiegende Formen im Raum und veranschaulichen so den Bedeutungswandel über die Zeit. Die abgebildeten Betonreliefs entstammen Ost-Berliner Kunst-am-Bau-Projekten. Mit dem politischen Wechsel hat sich auch ihre inhaltliche Zuschreibung verschoben. Kennst Du die Geschichten der Fassaden Deiner Stadt?
Daniel Burkhardt
*1977 in Bochum, studierte audiovisuelle Medien an der Kunsthochschule für Medien Köln. Er lebt und arbeitet in Köln.
Ausstellungen (u.a.):
2022 „Are you sure you want to leave?", art quarter budapest, Budapest
2021 „38. Kasseler Dokumentarfilm- und Videofest", Kassel
2021 „OSTRALE Biennale O21", Dresden
2020 „VIDEOSTAGE", Kunstverein Bochum, 2020
Hyojun Hyun
*1983 in Mungyeong, Süd Korea, studierte Malerei an der Hong-Ik University in Seoul, an der Glasgow School of Art in Glasgow sowie an der Jan Van Eyck Academy in Maastricht. Er lebt und arbeitet in Berlin.
Ausstellungen (u.a.):
2022 „Lila: Free Play”, Goethe-Institut, Glasgow
2021 „Scattered Sights”, Intermedia Gallery, CCA, Glasgow (mit Rodrigo Sandoval)
2019 „Everyday is the Same, but Different”, Cultureland, Amsterdam
2019 „If something has meaning that is not interesting, if something is not interesting that has meaning”, Mansion, Beirut
Nina Maria Küchler
*1978 in Hamburg, studierte Freie Kunst an der HBK Braunschweig, war Meisterschülerin von Prof. Scholz und Prof. Eißfeldt. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
Ausstellungen (u.a.):
2022 „Echoes“, Galerie im Marstall, Ahrensburg
2021 „Rituale der Gegenwart“, Künstlerhaus Sootbörn, Hamburg
2020 „ABOVE BELOW WITHIN“, Galerie Carolyn Heinz, Hamburg
2019 „Í WAŁK WÍTH PHANTOMS“, Kunstquartier Bethanien, Berlin
Vernissage: Fr, 9. 6., ab 19 Uhr
Finissage: Fr, 23. 6., ab 19 Uhr
Info:

© Nina Maria Küchler

© Daniel Burkhardt

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© Hyojun Hyun